Selbstfürsorge für Eltern in Zeiten der Pandemie

Liebe Eltern, willkommen in 2021. Ein turbulentes Jahr liegt hinter uns. Vieles musste neu gelernt, umgeworfen, anders getan werden. Für Menschen, die einen Lebensstil innehaben, der sich wohl fühlt mit Struktur, Planbarkeit und Vorbereitung, war das eine große Herausforderung.

Nun befinden wir uns erneut im Lockdown. Die Unplanbarkeit des Jahres 2020 wird uns also weiter begleiten und unser Familienleben prägen. Besonders in Zeiten wie diesen, die uns durch äußere Umstände stark fordern, brauchen wir ein starkes Inneres. Eine Widerstandskraft, die uns trägt und den Blick immer wieder nach vorn richten lässt. Selbstfürsorge ist das Stichwort, das unser Inneres (wieder) kräftigen kann. Das fällt nicht immer leicht. In meinem Bekannten und Klient*innenkreis stelle ich fest, dass besonders Mütter die Tendenz haben, als erstes die eigenen Bedürfnisse zu streichen, manchmal gar basale Dinge wie Essen, Trinken und Bewegung zu vergessen, wenn sie sehr gefordert sind. Das tut auf Dauer nicht gut. Weder ihnen noch ihrer Familie.

Wir Eltern sind die emotionale Stütze unserer Familie. An Tagen, an denen wir nicht im Gleichgewicht sind, uns ausgelaugt fühlen, keine Lust und keinen freien Kopf haben, um auf die Bedürfnisse und Gedanken unserer Kinder wirklich einzugehen, ist oft nicht nur unsere Laune schlecht. Der komplette Haussegen hängt schief. Kinder spiegeln unsere Stimmung wider. Sie werden unzufrieden, nörgeln, langweilen oder streiten sich. Sorgen wir gut für uns selbst und für unsere innere Balance, geht es nicht nur uns, sondern auch unseren Lieblingsmenschen zu Hause besser.

Wie kann ich als Mutter oder Vater für mich selbst sorgen und positiv bleiben? Kleinigkeiten, die den Blick auf den Alltag verändern und Mini-Auszeiten, die wir uns regelmäßig einräumen, können schon helfen. Hier sind einige Ideen, die Eltern ausprobieren können:

  • Dankbar in den Tag starten: Vor dem Aufstehen drei Dinge überlegen, für die ich heute dankbar bin:  Die Sonne, die Gesundheit, meine Beziehung, die Kinder, mein Haustier, Kaffeeduft, den Job, mein Zuhause.
  • Kleine Auszeiten einplanen, um sich selbst zu spüren: 20 Minuten lang z.B. Spazieren gehen und das Wetter und die Umgebung bewusst wahrnehmen, Yoga üben, die Lieblingsmusik hören, mit einem Becher Kaffee oder Tee aus dem Fenster schauen, den Gedanken nachgehen und spüren: „Wie geht es mir eigentlich gerade?“
  • Am Abend aufzählen oder aufschreiben, was ich heute alles geschafft habe und damit herauskommen aus dem Negativblick auf die noch nicht erledigten To dos. Wir schaffen oft so vieles mehr als wir glauben.
  • Sich regelmäßig mit lieben Menschen austauschen. Miteinander (Video)telefonieren, Sprachnachrichten senden, sich mal wieder schreiben. Der soziale Kontakt ist wichtig für unseren Ausgleich und das Gefühl, geliebt, gemocht, verstanden zu werden. Auch wenn wir uns zu k.o. dafür fühlen, danach sind wir sicher energiegeladener als vorher.
  • Gespräche mit dem*der Partner*in führen darüber, wie es uns geht, was wir brauchen für unsere innere Balance. Vielleicht können wir Dinge eine Zeitlang anders aufteilen, um sich gegenseitig Freiräume einzuräumen. Alleinerziehende könnten dies mit einer vertrauten nahestehenden Person oder Familie wechselseitig vereinbaren.
  • Das Mindset, also den Blick auf die Situation ändern. Ich sage nicht: „Och nö, die Kinder sind schon wach und ich bin so müde“. Ich sage: „Wie schön, dass meine Kinder so fröhlich in den Tag starten und direkt Lust haben, Zeit mit mir zu verbringen. Was brauche ich, um ihnen das bieten zu können?“ Vielleicht bitte ich sie noch 15 Minuten Bücher anzugucken, bis ich aufgestanden bin und mir einen Kaffee gemacht habe.
  • Positive Dinge wahrnehmen: Wann spielt mein Kind allein, kooperiert gut, gibt mir Raum für meine Dinge? Ich freue mich, dass mein Kind glücklich, gesund und froh ist.
  • Für sich selbst sorgen, ohne die anderen einzuschränken. Wenn es mir zu laut wird, gehe ich kurz vor die Tür oder benutze Ohr-Stöpsel anstatt meine Kinder anzumeckern. Denn Ruhe ist mein Bedürfnis. Die Kinder stört ihr wildes und lautes Spielen ja nicht.
  • Weglassen, was mir nicht guttut. Wenn ich jeden Tag ein schlechtes Gewissen habe, weil ich eigentlich joggen wollte und es wieder nicht geschafft habe, kann es helfen, das Joggen einfach mal eine Weile zu streichen. Das kann sehr entlasten. Vielleicht gehe ich stattdessen spazieren, wenn der innere Schweinehund dann kleiner ist. Hauptsache, es geht mir gut damit.
  • Weniger Raum für Themen, die mich aktuell zu sehr stressen, wie z.B. steigende Infektionszahlen. Ich könnte eine vertraute Person bitten, mich zu informieren, wenn es etwas gibt, das ich wissen sollte, mich selbst distanziere ich von diesen Themen, bis mein Fell wieder so dick ist, dass ich mich damit wieder beschäftigen mag.
  • Die Paar-Zeit nicht vergessen: Gespräche führen, sich bedanken für die Unterstützung. Leichtigkeit hineinbringen, indem wir mal wieder ein Spiel spielen, zusammen Hörbücher hören, wenn die Kinder schlafen, etwas zusammen kochen, sich in den Arm nehmen und dankbar sein, dass wir auch schwierige Zeiten zusammen durchstehen.
  • Beratungsangebote nutzen. Befinde ich mich in einer Krise, kann ich Hilfe bei meiner*m Hausarzt*ärztin oder in (online-) Beratungsangeboten finden. Tun wir das! Rechtzeitig! Für uns und auch für unsere Kinder. Denn sie verdienen die beste Version ihrer Eltern.

Ich wünsche allen Eltern, Freude und Leichtigkeit beim Ausprobieren einiger dieser Impulse und ein gutes inneres Gleichgewicht im Jahr 2021.

Jessica Rother